Ein oft gehörter Satz in Präsentationsseminaren. Als ich eine Teilnehmerin vor ihrem Auftritt frage, wer ihr Publikum sei, winkt sie ab: „Ach, nur Kollegen“. Sie tritt auf, hält ihre Präsentation. Wir erfahren nicht, wer sie ist oder in welcher Beziehung sie zu dem Thema steht.
Als ich wissen will, warum sie sich nicht vorgestellt habe, schaut sie mich verwirrt an: „Wieso? Das sind doch nur die Kollegen.“ Darauf ich: „Und was hält Sie davon ab, sich zu positionieren? Sich im Gedächtnis als DIE Ansprechpartnerin im Unternehmen für pfiffige Messestrategien zu verankern?“ „Ja, genau“, pflichtet ein Teilnehmer mir bei: „Ich kenn’ das aus dem Vertrieb; es ist essentiell, die Botschaft immer wieder zu senden.“ Ein anderer wirft ein: „Genau! ,Ich bin derjenige, der für knackige Werbeslogans zuständig ist‘, oder so. Bei uns im Vertrieb ist das überlebenswichtig.“
Was glauben Sie, zu wie viel Prozent Ihre Karriere von Ihrer fachlichen Qualifikation abhängt? Wenn Sie jetzt an 70 oder 80 Prozent gedacht haben, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Laut einer IBM Studie hängt das berufliche Fortkommen nur zu 10 Prozent von der Leistung bzw. der Qualität der Arbeit ab. Zu 30 Prozent vom Eindruck, den jemand auf seine Vorgesetzten und Kollegen macht, und zu 60 Prozent vom Bekanntheitsgrad.
Wenn Sie in der beneidenswerten Position sind, einen Job zu haben, der niemals gefährdet sein wird, dann schenken Sie diesem Satz „Nur Leistung zählt“ weiterhin Glauben. Haben Sie aber auch nur die kleinste Ambition weiterzukommen, sollten Sie sich auch vor Kollegen immer wieder positionieren, sprich: Signalisieren Sie, Sie sind genau die richtige Person für diese Aufgabe.
Tue Gutes und rede darüber
2006 veröffentlichte das Wirtschaftsmagazin Capital eine Studie über die (Selbst-) Darstellung im Top-Management. Sie wertete dazu 1.745 Pressemeldungen von DAX-Unternehmen aus den ersten neun Monaten des Jahres aus. Die Kommunikationsstrategen der Unternehmen bemühten sich intensiv um die Außenwirkung und Vermarktung ihres Vorstandsvorsitzenden: Sie ließen die Namen immer wieder einfließen, veröffentlichten Fotos, stellten ausführliche Lebensläufe ins Netz etc.
Die Wenigsten von uns haben eine Presseabteilung, die diese Aufgabe für uns übernimmt. Jeder – von der Führungskraft bis zum Assistenten – muss sich selbst vermarkten nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. Beachten Sie: Eigenlob stinkt nur in Massen, niemals in Maßen!
Und was bedeutet das für Ihre Präsentation?
Unterschätzen Sie Ihr Publikum nicht
„Ach, das sind doch nur die Kollegen.“ Nur Kollegen? Drei Buchstaben, die mangelnde Motivation und mangelnde Wertschätzung verraten. Sind Ihre Kollegen es nicht wert, sich Mühe zu geben? Diese Haltung wird für die Kollegen erkennbar. Sie wird sichtbar in Gestik und Mimik. Sie wird hörbar in einer undeutlicheren Aussprache. Aus diesem Grund, denken Sie daran: Bringen Sie Ihrem Publikum Wertschätzung entgegen.
Nehmen Sie Ihre Inhalte wichtig
Nicht nur Menschen, auch Inhalte wollen mit Wertschätzung behandelt werden. Selbst wenn Sie tatsächlich von Ihrem Chef dazu verdonnert wurden zu präsentieren, müssen Sie das ja nicht gleich allen zeigen. Finden Sie etwas an dem Thema, das Sie motiviert, an das Thema heranzugehen – und sei es nur der Satz „Jetzt erst recht!“
Bringen Sie sich selbst ins Spiel
Wie sind Sie zu dem Ergebnis gekommen? Was war in Ihren Augen das spannendste am Thema? Bekennen Sie Farbe und bringen Sie eigene Ansichten ein. Zeigen Sie, dass Sie nicht nur hinter Ihren Inhalten stehen, sondern auch, wie Sie zu Ihnen stehen.
Nennen Sie Ihren Namen laut und deutlich
Sie kennen Ariel, oder? Sie kennen sicherlich fast alle Produktnamen, die uns die Werbung präsentiert. Und doch käme kein Werbefachmann auf die Idee zu sagen: „Ach, den Namen brauchen wir nicht mehr zu erwähnen, den kennen ja eh’ alle.“ Denn wer in der Werbebranche arbeitet, weiß: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Nehmen Sie jede Präsentation, egal wie kurz, klein oder unwichtig sie erscheint, als das, was sie ist: Ihre Möglichkeit, sich zu positionieren.
Weiterführende Literatur
IBM Studie zitiert aus Asgodom „Eigenlob stimmt. Erfolg durch Selbst-PR“ 2000
Bild: maspi / photocase.com